2016
Ralph Roger Glöcklers Texten begegnen sich das digitale Zeitalter und die Postmoderne. Wirklichkeit wird radikal hinterfragt. Da sind sechs Novellen, beginnend mit dem "Bericht in eigener Sache" über eine Partnervermittlung, die ein tödliches Ergebnis zeitigt. Die Partnerin, die dem Kunden, genannt "KyO" oder kurz "T", im wahrsten Wortsinn wie ein Hologramm vorschwebt, bleibt virtuell. Ab und zu nimmt der Ich-Erzähler ihre Gestalt an, schlüpft in ihre Rolle, um dann den Auflösungsprozess in die Desillusionierung noch voranzutreiben, bis der Kunde daran zerbricht und sich ebenfalls zersetzt. Eine düstere Arbeitswelt wie bei Franz Kafka wird gezeichnet, nur dass es kein mit Holzmöbeln ausgestattetes Comptoir mehr ist, sondern eine metallisch oszillierende Agentur mit Monitoren.
Postmodern sind die durchlässigen Identitäten: gibt es die Person oder gibt es sie nicht? Auch in der zweiten Novelle "Max" wartet der Ich-Erzähler auf einen Unbekannten, dessen Existenz nicht gesichert ist. Es wird eine Multiperspektivität eingenommen, die einen ruhigen Blickwinkel, eine Verankerung im Standort, nicht zulässt. Entsprechend ist Zerrissenheit die vorherrschende Stimmung.
Die Atmosphäre wirkt im Extremfall wie durch eine radioaktive Verseuchung verzerrt. Oder wie auf einem kollabierenden Planeten, wo einem die Meteore ums Gesicht fliegen. Ralph Roger Glöcker verfügt über eine fulminante Sprache, mit der er diese Stimmungen zu erzeugen vermag. Anachronismen wie "Hoffart" und "Überdruss" gehören zu seinem Wortschatz ebenfalls wie Zeitgeistausdrücke, z.B. "letal" und "Umweltfreundlichkeit".
Wer diese Texte liest, muss aufpassen, dass er sich nicht die Finger an dem kafkaesken Feuerwerk verbrennt und nachts nicht schlecht schläft. Wer es maskulin, sprachgewaltig und kryptisch liebt, sollte sich mit diesem Autor beschäftigen.
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Bereits auf der ersten Seite des im Größenwahn-Verlag publizierten Erzählbandes „Die Männliche Unreife des Todes“ von Ralph Roger Glöckler wird deutlich, hier schreibt ein erfahrener Schriftsteller präzise durchdachte Prosa, verpackt in Erzählungen, verbrämt mit Biografischem, gespickt mit einer gehörigen Portion satirischem Zynismus auf höchstem Stil Niveau.
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